VISKOSE SYMMETRIE. 3000 JAHRE PHILOSOPHIE ALS MEMORY FOAM BETRACHTET

In diesem Vortrag staunt Ann Cotten über die Kontinuität der Symmetrien in Theorien, Fachsprachen und Diagrammen. Dabei wagt sie ein paar Hypothesen, warum bestimmte User Interfaces sich zur Organisation von Ideen bewährt haben und warum „User Interface“ als Denkgerüst für posthumanistisches Denken/Übersetzen geeignet erscheint. Wie kann es sein, dass die allerneuesten Beziehungsroboter auf einer dubiosen Theorie aus den 1970er-Jahren beruhen, bei der ein amerikanischer Forscher das gesamte Spektrum globaler Emotionalität auf vier englische Wörter herunterkochte? Warum gefallen mir etruskische Grabmalereien besser als die Werbung, die aufgrund meines Surfverhaltens genau auf mich maßgeschneidert wird? Theorien der Emotionen und Werte, wie sie etwa bei der Gestaltung von Produkten und Interfaces zur Anwendung kommen, bewegen sich in einer hybriden Konvention zwischen Humanismus und Empirismus. Wer hier forscht, arbeitet mit veralteten und ideologisierten Begriffen, die an der realen Situation in unseren Körpern vorbeigehen. Auch, weil die Beschreibung dieser Vorgänge sprachlich von humanistischen Projektionen geprägt ist. Ann Cotten verfolgt, wie diese sprachlichen Reste humanistischen Denkens die Entwicklung von angemessenen Funktionsmodellen behindern. Beim Evaluieren ihrer Recyclingfähigkeit kommt sie zur überraschenden Beobachtung, dass gerade in den gegenstandsferneren Denkmustern des Idealismus Strukturen vorkommen, die die Recyclingfähigkeit des sprachlichen Materials erhöhen.
 
Ann Cotten studierte bis 2007 Neuere deutsche Literatur an der Uni Wien und am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Danach arbeitete Cotten als Produzentin von Primärliteratur, sich dabei verschiedener Genres sowie unklassifizierter Schreibweisen bedienend, wofür sie einige Preise erhielt. Ihr bilingualer Hintergrund (USA, Österreich) wird durch das fortlaufende Studium der japanischen Sprache erweitert. Zu den von ihr übersetzten AutorInnen zählen Nirvana, Liesl Ujvary, Isabel Waidner, Rosmarie Waldrop und Joe Wenderoth. Ann Cotten ist derzeit IFK_Junior Fellow.“

 

Quelle: Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften | Kunstuniversität Linz in Wien